Nachdem Automatix F12 ja doch "nur" die kleine Revision bekommt, stelle ich hier mal ein Projekt mit großer Revision und Leistungssteigerung vor.
Es handelt sich um einen luftgekühlte Morinimotor (Apriliavariante) aus einem Habana. Der Motor hat einen Kurbelwellenschaden und soll überholt und auf 70ccm aufgestockt werden. Im Zuge dessen erhält er eine neue Kurbelwelle (HPC) und bessere Hauptlager (SKF C4).
Heute habe ich den Motor zerlegt.
Unter dem Zündanker verbergen sich die Verbindungsschrauben der Gehäusehälften.
Die unterschiedlichen Längen sind wichtig, daher sollte man die Schrauben markieren um sie später wieder richtig einzusetzen.
Beim Lösen gilt: schrittweise und über Kreuz, sonst verziehen sich die Gehäusehälften!
Sauber getrennt, wie man sieht ist das zündungsseitige Lager im Gehäuse zurückgeblieben.
Das antriebsseitige Lager kam mit der kurbelwelle raus. Auf dem Foto ist gut zu sehen, dass sich die Kurbelwelle verbogen hat. Die Wellenstümpfe sind nicht mehr fluchtig, was selbst mit freiem Auge sichtbar ist.
Auf der Zündungsseite sitzt das Lager im Gehäuse fest.
Die Antriebsseite gibt jedoch den Blick auf den Lagersitz frei. Hier noch mit dem Wellendichtring.
Durch die Stumpfbohrung ist der Innenring des Zündungslagers zu sehen.
Mit der Stecknuss als Schlagdorn kann man es leicht austreiben.
Ein so (Schlag auf den Innenring) ausgebautes Lager ist natürlich endgültig unbrauchbar. Hätte das Lager wiederverwendet werden sollen, hätte man es mit einem Auszieher demontieren müssen. In diesem Fall war das aber egal, denn es war ohnehin völlig verschlissen.
Als nächsten Schritt müssen die Gehäusehälften gereinigt werden. Neue Lager und die neue Kurbelwelle liegen schon bereit und warten auf ihren Einsatz.
Weiter gehts:
Die neue Kurbelwelle und die neuen Lager haben jetzt zwei Nächste im Tiefkühlschrank verbracht, sind damit also bereit für den Einbau. Das Motorgehäuse wurde nur grob gereinigt, das wird ein Racer kein Showbike, daher reicht es wenn die Dichtflächen und Lagersitze penibel sauber sind, die Außenseite ist wurscht.
Bei diesen Arbeitsschritten ist es wichtig, dass alle benötigten Teile und Werkzeug griffbereit sind.
Zunächst werden die Lagersitze und Dichtflächen des Motors nochmal entfettet.
Dann werden die Lagersitze auf ungefähr 150° erwärmt. Wichtig ist, dass der gesamte Sitz gleichmäßig warm wird.
Die "tiefgefrorenen" Lager sollten dann einfach ...
... in die Sitze "fallen". Wenn die Lager sauber anliegen lässt man sie langsam auf Raumtemperatur kommen. Während sich das Lager wieder ausdehnt, zieht sich der Lagersitzt zusammen und das Lager sitzt fest im Gehäuse.
Anschließend wird das Lager vorsichtig erwärmt. Dabei darf sich die Fettfüllung des Lagers nicht verflüssigen.
Die Kurbelwelle wird zunächst in die große Motorhälfte eingesetzt und die Papierdichtung eingelegt. Die Dichtflächen des Gehäuses werden vorher dünn (!) mit Dichtmasse bestrichen.
Die kleine Motorhälfte, mit ebenfalls erwärmtem Lager, wird aufgesetzt und das Gehäuse verschraubt. Dabei die Anzugsreihenfolge und das Anzugsmoment (siehe Werkstatthandbuch) beachten!
Nachdem die Motoraktion jetzt ein bissl liegen geblieben war, habe ich mich heute um den Zylinderkopf gekümmert. Der Motor hatte ja einen ziemlich heftigen Kolbenklemmer, als Folge dessen waren Bruckstücke des alten Kolbens mit dem Brennraumdach verschmolzen, außerdem war der Kopf verzogen, da der Motor wohl längere Zeit mit mangelhafter Kühlung betrieben worden war.
Ausgangsbasis ist also ein verkohlter, "gespikter" und krummer Kopf gewesen:
Der originale Zylinderkopf wird beim hier durchgeführten Umbau beibehalten, daher muss er gerettet werden. Die Aprilliaversion des Morinimotors, mit der wir hier zu tun haben, hat einen Vorteil: der Brennraum ist bereits ab Werk hemisphärisch und hat eine zentrale Zündkerzenbohrung. Somit ist ein optimaler Verlauf der Flammfront schon im Werkszustand gewährleistet. Der Kopf muss also nur gereinigt und geplant werden.
Zunächst kommt also ein Schaber zum Einsatz, um den gröbsten Dreck zu entfernen. Anschließend wird mit dem Hochgeschwindigkeitsschleifer (Dremelaufsatz) der Brennraum von den eingeschmolzenen Metallfragmenten befreit.
Der Kopf ist dann bereit zum planen. Dazu wird die Dichtfläche mit Ventilschleifpaste eingeschmiert und ein nasses Schleifleinen auf eine Glasplatte gelegt (ja, das graue ist wirklich eine Glasplatte, allerdings eine mit PVC-Folie hinterklebte, extrem dreckige Glasplatte ).
Durch kreisende Bewegungen auf dem Schleifleinen wird die Dichtfläche des Kopfes geplant bis ein gleichmäßiges Schleifbild zu sehen ist.
Um ganz sicher zu gehen, dass die Dichtfläche wirklich sauber geplant ist, wird sie nach einer gründlichen Reinigung mit Tuschierfarbe eingeschmiert und der Vorgang wiederholt, bis die Tuschierfarbe vollständig und gleichmäßig entfernt ist.
Damit ist der Kopf jetzt grundsätzlich bereit zur Montage.
Da der Zylinderkopf bei diesem Motor jedoch ohne Dichtung montiert wird (wie bei vielen luftgekühlten Zweitaktmotoren), muss er auch absolut plan zur Dichtfläche des Zylinderblocks sein.
Die klassische Lösung hierfür ist, den Kopf und den Zylinder aufeinander einzuschleifen. Dazu kommt wieder Ventilschleifpaste zum Einsatz.
Jetzt wird der Kopf, wie zuvor auf dem Schleifleinen, kreisend auf dem Zylinderblock eingeschliffen.
Beide Teile müssen anschließend natürlich gründlich gereinigt werden!
Der Optik und der besseren Wärmeabfuhr wegen, wird der Kopf anschließend noch mit schwarzem Motorlack lackiert.
Nachdem ich zwischenzeitlich ein passendes Schlagstück für den Wellendichtring auf der Antriebsseite bekommen habe, konnte ich heute mit dem Motor weitermachen.
Dieses Foto zeigt schön, warum die Montage der zwei (!) Wellendichtringe auf der Antriebsseite beim Morinimotor eine besondere Schwierigkeit hat. Der innere Dichtring sitzt tief im Schacht für die Antriebswelle der Ölpumpe, darum benötigt man ein besonders langes und dünnes Schlagstück um ihn einzusetzen.
Schon das in Position bringen des Dichtrings ist schwierig, aber machbar.
Dafür ist der äußere Dichtring leicht einzubauen.
Der neue Zylindersatz (DR70 Evo) mit Kleinteilen und Dichtungen.
Wichtig ist bei allen Zweitaktern auf die Einbaurichtung des Kolbens zu achten. Bei den meisten Motoren deutet der kleine Pfeil auf dem Kolbenbolzen in Richtung Auslass.
Den ersten Sicherungsring für den Kolbenbolzen setzt man idealerweise ein, bevor der Kolben montiert wird. Die Öffnung des Sicherungsrings muss nach oben oder unten Zeigen (90° zum Kolbenbolzen), sonst kann der Sicherungsring herausspringen!
Das obere Pleuellager nimmt vor dem Einbau ein Bad in Viertaktöl.
Rein damit sind Pleuelauge. Der Lappen verhindert, dass Kleinteile in den Kurbeltrieb fallen.
Außerdem stützt und schützt er den Kolben bei der Montage des Bolzens. Dieser muss "saugend" ins Lager gleiten.
Der zweite Sicherungsring wird wie der erste eingesetzt. Er ist etwas leichter zu montieren, da der Bolzen als Führungshilfe dienen kann.
Die Fußdichtung wird leicht geölt und aufgelegt.
Bevor der Zylinder aufgeschoben wird, müssen die Kolbenringe über die Nuten geschoben werden, sonst lässt sich der Zylinderblock nicht aufsetzen.
Vor dem Aufsetzen sollte man den Zylinder gründlich ölen, überschüssiges Öl streift der Kolben beim ersten durchdrehen des Motors ohne Kopf ab.
Der Zylinderkopf (Dichtung nicht vergessen!) wird montiert.
Dabei stets neue Muttern und Unterlegscheiben verwenden, diese über Kreuz in mehreren Gängen mit dem vorgeschriebenen Drehmoment anziehen.
jannicknoah sagt
Das ist ja ein spannendes Projekt! Ich bin gespannt, wie es weitergeht.Die neue Kurbelwelle und die besseren Hauptlager werden sicherlich einen spürbaren Unterschied machen. Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Überholung.
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slooowrider
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