Von Zeit zu Zeit kommt es vor, dass ein Fahrzeug angeboten wird, das man nicht wirklich auf dem Schirm hatte, das aber dennoch interessant ist. In irgend einer entlegenen Ecke des Hinterkopfes spuken sie zwar herum, aber die Chance einen dieser Exoten in die Finger zu kriegen ist so gering, dass man gar nicht auf die Idee komm danach zu suchen.
Vor gut zwei Wochen wurde mir ein solches Fahrzeug angeboten: Ein Puch Lido SL 50, Baujahr 1986. Ein seltener Vogel, der ungeachtet des guten österreichischen Familiennamens aus Japan angeflogen kam. Denn eigentlich ist das Ding ja ein Suzuki CS50.
Welche Bezeichnung man auch bevorzugen mag: Heute ging es für mich ins Frankenland um das Fahrzeug zu bergen. Ausnahmsweise ist es einmal keine totale Baustelle, sondern ein recht ordentlich erhaltener Oldtimer mit dem man sofort fahren kann. Genau das habe ich dann heute Abend auch noch getan. Auftanken, Reifen aufpumpen und eine kleine Runde durch das neue Revier drehen.
Mehr zu diesem kuriosen Fahrzeug wird hier demnächst geben. In den nächsten Tagen werde ich den Lido erstmal ein bisschen fahren, dann kommt er in die Werkstatt und wird, nachdem die aktuellen Projekte abgeschlossen sind, durchgesehen. Ich freue mich schon darauf.
Kennst du die Automatik-Zweigang-Mofas von Puch? Also mehrere, hintereinander geschaltete Kupplungen? So funktioniert das Teil auch. Aufmachen werde ich das aber ohne Not garantiert nicht 😉 und fahren tut der sehr schön.
Wenn der Bajaj bewiesen hat, wie einfach ein Automatikroller sein kann, dann ist dies der Versuch für die maximale Komplikation. Außerdem ist der halt richtig geil häßlich und schräg. Details dazu folgen. Bis dahin sabber ich noch ein bissl 😉
Alles mit Kette und im Ölbad dann, oder wie?
Genau.
Der erste Gang hat eine Fliehkraftkupplung. Diese greift zudem auf einen Versteller, der beim Erreichen der Schaltdrehzahl für den zweiten Gang dessen Kupplung einrückt. Der dritte Gang wird analog von einem zweiten Versteller eingekuppelt. Letztlich ist das ganze eine Primitivform eines Mehrkupplungsgetriebes.
Der Motor ist übrigens spezifisch zum CS50/Lido SL und wurde von Puch und Suzuki speziell für dieses Fahrzeug entwickelt. Gleichteile mit anderen Modellen kannst du also komplett vergessen.
Ein weiteres schönes Details, das zeigt, dass da jemand das falsche Zeug eingeworfen hatte: Die Ölpumpe der Getrenntschmierung hängt an der Getriebewelle. D.h. solange das Fahrzeug steht wird kein Öl gefördert (sic!). Es ist also keine wirklich gute Idee, dass Ding zu lange im Stand laufen zu lassen. Dafür wird das Öl dann aber als Druckschmierung über das zündungsseitige Hauptlage eingespritzt, sorgt also für optimale Motorschmierung. Das Antriebsseitige KuWe-Lager ist im Ölsumpf des Getriebes. Vermutlich sind Lagerschäden bei den Dingern deshalb so gut wie unbekannt. Auf Mischungsbetrieb umrüsten geht aber auch nicht, weil dann die Lagerschmierung nicht mehr hinhaut.
Schone lieber seine Nerven, er ist nicht mehr der Jüngste.
wernsemalnischfrechjungermann 😉
Der Lido steht aktuell noch bei mir zu Hause. Einfach weil ich ihn, solange es das Wetter noch erlaubt, ein bisschen fahren möchte. Es hilft bei einem solchen Fahrzeug immer, wenn einige "Kennenlernfahrten" möglich sind.
Als Roller ohne Helmfach ist er aber für mich nicht wirklich nutzbar. Ich hasse es einfach, den Helm herumschleppen zu müssen. In der Werkstatt lag aber noch ein altes Topcase im Regal. Eigentlich passt es von der Größe her perfekt zum Lido. Gut möglich, dass das so bleibt.
Der Ölstand passt auch. Es spricht also nichts dagegen, den kleinen Alpenjapaner noch etwas zu testen.
Hoch komplexe Konstruktionen bei Fuffis gibt es öfters. Eines meiner Lieblingsbeispiele ist ja immer noch der Italjet Formula und die Vorderradführung der ersten beiden Speedfight Generationen. Alles Dinge am Rande des Irrsinns, die keinen wirklichen Vorteil bringen, aber vom Technischen her sehr geil sind. Die Ölpumpe mit Lagerschmierung und Antrieb über die Getriebewelle hatte Suzuki auch bei einigen großen Motorrädern eingesetzt, das funktioniert in der Praxis besser als man meinen möchte.
Beim Lido kommt halt noch dazu, dass er aus einer Zeit stammt, als Automatikroller noch etwas relativ neues waren. DKW hatte zwar mit dem Hobby schon in den 60ern einen Variomatikroller gebaut, aber wirklich gut funktioniert hat das nicht. Piaggios Plurimatic (Vespa PK Automatica der ersten Generation) ist auch so ein Kopfschuss aus dem Ingenieursbüro. Die Variomatik hat sich letztlich wohl hauptsächlich deshalb durchgesetzt, weil sie deutlich billiger und leichter ist als ein Kettengetriebe mit Automatikschaltung. Der Nachfolger der Lido SL, der Lido Varo (aka Suzuki CP50) war dann ja auch ein Variomatikroller.
Die Doppelkolbenmotoren sind eigentlich relativ simpel, nur halt aus heutiger Sicht ungewohnt. Es ist halt einer von vielen Wegen, wie man einen Zweitakter mit Ladepumpe bauen kann. Aus heutiger Sicht sind wir halt nur noch die Motoren nach dem Schnürle-System der Zweikanal-Umkehrspülung gewohnt. Aber Zweitaktmotoren gibts eben viele.
Außerdem lohnt sich der Aufwand ja auch. So eine 250TF macht auch heute noch richtig Laune 😉
Die Puch Mopeds sind aber eher erfrischend simpel. Meine X30 macht diesbezüglich richtig Spaß, das Teil ist einfach, sauber und logisch gebaut. Beim Lido ist ja nicht wirklich viel von Puch. Das Meiste da dran hat ja Suzuki verbrochen 😉
Hoffentlich ist bald Zeit, dass ich mich mit dem Viech näher befassen kann. Aktuell schnarcht der Hobel noch in der Tiefgarage vor sich hin 😉
speedguru sagt
Die Ölpumpe mit Lagerschmierung und Antrieb über die Getriebewelle hatte Suzuki auch bei einigen großen Motorrädern eingesetzt, das funktioniert in der Praxis besser als man meinen möchte.
Da ist im Stand ja auch keine Last drauf, auf dem Motor. Also, sollte zumindest nicht. Da kann man die weithin allermeisten 2 Tackter laufen lassen ohne das sie 3 Tackter werden.
Ich hab den KB50 damals so ne deutliche Stunde ohne Öl laufen lassen um das Nebenluftproblem zu finden. Das hat den Motor gerade gar nicht interessiert.
(Bevor jetzt jemand fragt... Die Stillgelegte aber noch, als Stopfen, im Gehäuse klemmende, weil verreckte, Ölpumpe hatte angefangen über den Ölzuleitungs-... Äh..Hmm... -Pinökel Luft zu ziehen. Das Problem hatte sich ein bisschen geweigert gefunden zu werden, wurde aber dahernach zuverlässig mit einem stücke Schlauch und ner ollen rundgelutschten m5 Schraube desintegriert.)
Liebe Grüße
Solange du einen Motor mit Nadellager als Pleuellager hast ja, bei einem Buntmetallager (was der Lido wohl hat) halte ich die Lösung aber für das Werk eines Vollidioten. Ich für meinen Teil werde beim Lido wohl mal ausloten, wie viel Aufwand es ist, die Ölpumpe in den endgültigen Ruhestand im Mülleimer zu versetzen.
Heute war endlich mal wieder Zeit für einen Besuch in der Werkstatt.
Dabei sollte es heute, neben anderen Dingen, eigentlich mit der PK weiter gehen. Doch daraus wurde nichts, denn die nötigen Ersatzteile sind noch nicht da. Das alternative Programm bestand dann darin, den Ersatzteilfundus zu sichten, den es zum Lido dazu gab.
Es handelt sich dabei wohl die Reste eines geschlachteten Lido, aber es sind doch einige kleine Schätze dabei. So etwa der Schlüsselanhänger, der von exakt dem Motorradhändler stammt, der auch meinen Lido als Neufahrzeug verkauft hat.
Das Versicherungskennzeichen von 1985 stammt vermutlich vom Schlachtroller, aber ein nettes Fundstück ist es trotzdem. Dieses Exemplar wird sicher nicht als Baumaterial enden
Das wervollste Stück der Teilesammlung ist vermutlich der, leider unvollständige, Teileträgermotor. Für diejenigen, die sich einen Blick unter den Antriebsdeckel gewünscht haben ist hier die Gelegenheit.
Die Fliehkraftkupplung für den ersten Gang (links) ist schön zu sehen, ebenso das Paket aus Lamellenkupplungen und Freilauf für die zwei weiteren Gänge auf der rechten Seite.
Für den Lido habe ich einige Pläne, die ihn ein wenig individueller gestalten sollen. Allerdings möchte ich die sehr schöne Originalsubstanz natürlich nicht kaputt machen. Deshalb habe ich schon etwas "Spielzeug" besorgt. Dazu gehört auch das lädierte Handschuhfach, dass die meisten Schrauber vermutlich weggeworfen hätten. Aber genau darum ist es eine ideale Basis für das, was ich mit dem Lido-Handschuhkasten vor habe, dem Originalteil aber ersparen möchte.
Über das große Loch habe ich erstmal nur ein Stück Alublech genietet, der Ausbruch an der Seite sollte in eingebautem Zustand zumindest hinnehmbar sein. Das wird sich zeigen und ggf. sind weitere Korrekturen kein allzu großes Problem.
Mit ein wenig roter Farbe drüber sieht die Sache auch gleich nicht mehr ganz so wild aus. Ich glaube, dass das ziemlich gut werden wird. Aber eigentlich ist ja erstmal die Vespa dran.
Vor ein paar Tagen kam der Winter an. Richtig heftig sogar, buchstäblich über Nacht war alles weiß. Tief eingeschneit, ein Winter-Zauberland wie aus dem Bilderbuch. Wie ich sowas hasse.
Normalerweise bedeutet ein solcher Wintereinbruch hier in der Gegend, dass es für ein paar Wochen ungemütlich bleibt. Eisige Kälte, Schnee überall, eingefrorene Türen, Kratzorgien am Morgen und so weiter. Im Grunde ist das ja auch okay so, denn es ist schließlich Januar und wir sind dem Nordpol nun mal näher als der Karibik.
Aber manchmal hat man halt auch Glück. So wie gestern Abend, da fing es an zu regnen. Heute Morgen war der Schnee dann weg, 15° und Regen, auch nicht unbedingt so arg toll, aber doch besser als eine Eiswüste. Nachdem heute Nachmittag dann auch der Regen aufgehört hatte, hat mich dann der Rappel gepackt. Der Lido hat es ja immer noch nicht bis in die Werkstatt geschafft, sondern steht zu Hause in der Tiefgarage.
Bei schon fast frühlingshaftem Wetter (gefühlt, nach den letzten Tagen) wollte ich dann doch wissen, ob das Viech noch tut was es soll.
Also die Batterie vom Erhaltungslader getrennt und eingebaut, kurz nach dem Öl geschaut und siehe da: Das Ding läuft. Ich bin immer mehr überzeugt, dass der Lido ein sehr guter Kauf war und freue mich schon drauf, wenn ich ihn endlich soweit fit machen kann, dass man ihn ernsthaft fahren kann.
Ein wenig durchs Donautal streuen war aber auch heute schon drin. Die Oldtimersaison ist eröffnet, mal sehen wie es weiter geht. Das zwischen dem ersten und dem letzten Bild in diesem Beitrag tatsächlich nur 48 Stunden liegen, ist aber schon irgendwie krass.
Am vergangenen Wochenende habe ich mich das erste Mal mit dem Lido etwas genauer beschäftigt.
Letztlich braucht der Roller nicht viel mehr als eine gründliche Inspektion. Denn das Fahrzeug ist ja voll fahrtauglich und in ziemlich gutem Zustand. Allerdings ist über die Vorgeschichte so gut wie nichts bekannt und es daher ratsam, mal etwas genauer nach zu sehen.
Der gute Zustand bestätigte sich dann so weit auch. Der Roller hat so gut wie keinen Rost und ist nicht verbastelt. Es sind aber natürlich ein paar kosmetische Arbeiten nötig sowie eben Dinge wie ein Ölwechsel und einige Reinigungsarbeiten.
Angefangen habe ich dabei zunächst im hinteren Radbereich. Die Bremse war ja zu machen, außerdem hatte sich hier wie üblich viel Schmutz abgesetzt. Dabei ist dann natürlich auch die Gelegenheit günstig, einmal nach der Ölpumpe zu sehen.
Die etwas abstruse Konstruktion, dass die Ölpumpe von der Getriebewelle angetrieben wird, platziert diese nämlich direkt neben dem Hinterrad.
Nachdem die Abdeckbleche abgenommen waren, zeigte sich hier alles in gutem Zustand. Einschließlich der Förderleitung zum rechten Kurbelwellenlager.
Irgendjemand hatte in der Vergangenheit den Auspuff mit silberner Farbe angesprüht, ohne ihn dazu auszubauen. Entsprechend hatten auch der hintere Innenkotflügel und die Lüfterradabdeckung ihren Teil der Farbe abbekommen. Darum war dann erst mal Baustopp, denn die neue Lackierung dieser Teile muss trocknen.
Nachdem die lackierten Teile Zeit zum Trocknen hatten, habe ich heute mit dem Lido weitermachen können.
Mit den frisch lackierten Teilen sieht das Fahrzeug gleich deutlich besser aus. Auch wenn mir zwischenzeitlich jemand gesagt hat, dass der Auspuff tatsächlich ab Werk silbern sein soll.
Ganz ehrlich? Das ist mir sowas von egal. Silbern sieht der Auspuff nach billigem "Rentnertuning" aus. Ob original oder nicht, schwarz ist schicker. Allerdings werde ich das kleine Hitzeschutzblech noch rot lackieren, das ist bei montierter Seitenhaube nämlich zu sehen und wenn schon unoriginal, dann richtig. Sollen sich die Nietenzähler doch aufregen.
Anschließend habe ich mich mit dem ersten echten Technikproblem am Roller auseinander gesetzt. Vom Vorbesitzer weiß ich nämlich, dass bei längeren Fahrten die Batterie zu kochen beginnt, also überladen wird.
Leider ist es mir bisher nicht gelungen, den Regler sinnvoll zu testen. Allerdings scheint das Massekabel der Batterie schlechten Kontakt gehabt zu haben. Mit einem verbesserten Masseanschluss ist die Ladespannung nämlich auch ein deutlich erträglicheres Maß gefallen. Den Regler zu testen ist deshalb schwierig, weil man dafür wohl einen besonderen Tester braucht. Puch schreibt im Werkstatthandbuch ein Gerät vor, das "Normatest 3000" heißt, aber das scheinbar niemand mehr hat. Mit dem modernen Digitalmultimeter ergeben die Messergebnisse aber keinen Sinn. Es ist also wohl was dran am "Wundertester" von Puch.
Daran ist erstmal nichts zu ändern. Allerdings macht mir der Säureaustritt aus der Batterie etwas Sorgen. Deshalb habe ich heute noch den Tank ausgebaut, der an der Oberseite ziemlich angefressen ist.
Der Rahmen unter dem Tank ist aber zum Glück in Ordnung und rostfrei, das beim Füllen des Öltanks verschüttete Öl hat hier scheinbar Gutes getan.
Es blieb also nur noch, die von der Säure verursachten Roststellen am Tank zu behandeln. Zum Glück ist auch hier kein großer Schaden entstanden.
Es war noch genug schwarze Farbe übrig, um auch hier für rostfreie Zustände zu sorgen. Das mit dem Regler nervt aber, da muss ich doch nochmal mit Herrn Liedl in Kontakt treten.
slooowrider
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